Deutschland
Helmut Wilhelm Friedrich Schelsky (* 14.10.1912 in Chemnitz; † 24.02.1984 in Münster) gilt als der erfolg- und einflussreichste Soziologe der frühen Bundesrepublik. Sozialisiert wurde er in der Weimarer Republik und später im Nationalsozialismus. Dem anfänglich starken Engagement in dieser Zeit und dem Erklimmen der ersten Stufen der akademischen Karriereleiter folgten Desillusionierung und die Teilnahme an den Kämpfen an der Ostfront. Nach 1945 verabschiedete sich Schelsky von jedwedem Idealismus und entwickelte sich als geläuterter Demokrat zum nüchternen, sachlichen Begleiter der jungen Bundesrepublik. Helmut Schelsky – mal als neokonservativ, mal als progressiv bezeichnet – wurde mit seinen Veröffentlichungen zu aktuellen Problemen der Bundesrepublik zum „Stichwortgeber des Zeitgeistes“ (Ludolf Hermann). Zu nennen sind insbesondere seine Werke: „Wandlungen der deutschen Familie in der Gegenwart“ (1953), „Soziologie der Sexualität“ (1955) und „Die skeptische Generation. Eine Soziologie der deutschen Jugend“ (1957).
Mit der Berufung auf eine Soziologieprofessur an der Universität Münster wandte sich Schelsky verstärkt hochschul- und bildungspolitischen Themen zu. Seiner Antrittsvorlesung, dem „Kirchenvater der deutschen Universität“, Wilhelm von Humboldt, gewidmet, folgte mit dem FAZ-Artikel „Wie gründet man Universitäten“ im Oktober 1961 erstmals eine auch in die Zukunft gerichtete Analyse der Hochschulgründungen in Westdeutschland. Mit „Einsamkeit und Freiheit. Idee und Gestalt der deutschen Universität und ihrer Reformen“ legte Schelsky 1963 ein grundlegendes Werk über die seiner Meinung nach noch immer gültigen Humboldt‘schen Bildungsideale und die Notwendigkeit höchstrangiger interdisziplinärer Forschungsinstitutionen vor und entwarf das Bild einer „theoretischen Universität“, in der die Grundkonzeption der Bielefelder Reformuniversität schon zu erkennen war. Der Schritt zum „Hochschulreformer auf eigene Faust“ war nun nicht mehr weit. Am 9. März 1965 wurde Schelsky offiziell von Landeskultusminister Prof. Dr. Paul Mikat mit der Planung der ostwestfälischen Universität beauftragt.
Quelle: Universitätsarchiv der Universität Bielefeld